VOC-Messung zur Optimierung der Betriebskosten bei der Produktion von Schleifmitteln

15.04.2024

Hermes Schleifmittel aus Bad St. Leonhard im österreichischen Kärnten produziert Präzisionsschleifmittel für die Industrie. Als lösemittelverarbeitender Betrieb nimmt die Abgasreinigung aus Sicht des betrieblichen Umweltschutzes dabei einen hohen Stellenwert ein. Die optimale (Nach-) Verbrennung der in der Produktion verwendeten Kohlenwasserstoffe ist somit ein wahrlich heißes Thema, das eng mit den anfallenden Energiekosten verknüpft ist. Eine maßgeschneiderte Messtechnik-Analysenlösung für die VOC-Messung (VOC = volatile organic components) war der Schlüssel zur Ausschöpfung erheblicher Energie-Einsparungspotenziale.

Die RNV Abgasreinigungsanlage bei Hermes.
Die RNV Abgasreinigungsanlage bei Hermes.
Geht es um die Bearbeitung von Oberflächen aller Art, sind Schleifmittel nicht wegzudenken. Viele von uns verwenden sie – zum Beispiel in Form von klassischem Schleifpapier – beinahe täglich. Aber wer denkt da schon intensiv über ihre Fertigung nach? Die Spezialisten der Hermes Schleifmittel GmbH machen das. Die Herstellung von Schleifmitteln ist nämlich gar nicht so einfach – vor allem wenn es sich um Industrieanwendungen handelt. Die Unternehmensgruppe Hermes produziert über 1.500 Werkzeugvarianten, wie Schleifbänder, Blattscheiben, Rollen oder Blätter, die beispielweise bei der Präzisionsbearbeitung in der Medizintechnik oder der Motoren- und Getriebeindustrie Verwendung finden.
Hermes stellt beispielsweise diese Schleifrollen her.
Hermes stellt beispielsweise diese Schleifrollen her.
Hermes stellt beispielsweise diese Schleifrollen her.
Hermes stellt beispielsweise diese Schleifrollen her.

Der Herstellungsprozess von Schleifmitteln

Die 1,62 Meter breiten Schleifbänder werden als „Endlosrollen“ produziert. Ausgangsprodukt sind Papierrollen, die zuerst durch eine Stempelmaschine laufen, um auf der Rückseite alle erforderlichen Produktspezifikationen aufzudrucken. Danach wird das Band durch eine Grundiermaschine geführt, die den Leim aufträgt. Der nächste Arbeitsschritt erfolgt in der Streumaschine. Dort wird das Schleifkorn elektrostatisch aufgeladen, dass dadurch in der vorgegebenen Menge und Verteilung auf das mit dem Leim präparierte Band aufgetragen wird. „Ein Arbeitsprozess, der ein besonders hohes Maß an Genauigkeit erfordert“, erläutert Michael Hartl, Leitung Elektrotechnik bei Hermes Schleifmittel. „Die Streuung und die Körnung sind entscheidend für das Schleifergebnis.“

 

Ab in den Ofen

„Wurde das Korn aufgebracht, kommt das Band in den ersten Trocknungsofen. Dort wird es in Schlaufen aufgehängt durch den Ofen geführt“, erklärt Hartl. Im nächsten Arbeitsschritt kommt ein Deckleim auf das Band, der eine Verschleißschicht bildet und das Schleifmittel länger haltbar macht. Dann wird das Band in einem weiteren Ofen getrocknet und schließlich auf eine „Jumbo-Rolle“ gewickelt. Im Zuge der Trocknung werden aus den verwendeten Rohrstoffen die Lösemittel ausgetrieben. Für diese Gase gelten in Österreich strenge Auflagen zur Emissionsbegrenzung. Daher muss die Abluft einer Reinigung unterzogen werden. Bei Hermes Schleifmittel in Bad St. Leonhard wurde dafür in eine moderne RTO-Anlage investiert. Die „Regenerative Nachverbrennung“ (engl. Regenerative thermal oxidation, RTO) ist ein Verfahren zur thermischen Abgasreinigung und wird bevorzugt zur Minderung von Kohlenwasserstoffemisionen eingesetzt. Die dabei entstehende Abwärme wird bei Hermes unter anderem für die Beheizung der Firmengebäude eingesetzt und ergänzt die vorhandene Hackschnitzel-Heizung.

Von links: Michael Hartl von Hermes Schleifmittel und Dominik Aschauer von SICK Österreich.
Von links: Michael Hartl von Hermes Schleifmittel und Dominik Aschauer von SICK Österreich.
Von links: Michael Hartl von Hermes Schleifmittel und Dominik Aschauer von SICK Österreich.
Von links: Michael Hartl von Hermes Schleifmittel und Dominik Aschauer von SICK Österreich.

Verbrennung optimiert

Michael Hartl: „Die anfallenden Kohlenwasserstoff-Emissionen sind vom jeweiligen Produkt und dem zeitlichen Verlauf abhängig. Beim feinen Korn gelangen tendenziell weniger, beim groben Korn deutlich mehr Schadstoffe ins Abgas. Zudem werden zu Beginn des Trocknungsprozesses mehr Lösemittel abgegeben als kurz vor Ende des Arbeitsschritts. Die Menge der Emissionen im Abgas – sprich die Konzentration – ist jedoch entscheidend. Ohne messtechnische Bewertung der VOC-Konzentration müsste man immer die maximale Abluftmenge der Abgasreinigungsanlage zuführen, unter Umständen auch aus Produktionsbereichen, in denen keine Produktion/Trocknung stattfindet. Somit würde man in die RTO-Anlage auch „saubere“ Abluft einbringen, die eigentlich keiner Nachverbrennung bedarf.“ Das bedeutet einen unnötig hohen Energieeinsatz für den Betrieb der Ventilatoren. Dazu kommt ein weiterer entscheidender Faktor: Sind weniger brennbare Kohlenwasserstoffe im Abgas, benötigt die Nachverbrennungsanlage mehr Zusatzbrennstoff in Form von Erdgas. Es ist also wichtig zu wissen, wie hoch die Schadstoffkonzentration in der von den Trocknungsöfen kommenden Abluft ist, um die Abgasreinigungsanlage im Hinblick auf die Betriebskosten zu optimieren.

 

Ziel: Autothermer Betrieb

„Bisher wurde mit der Absicht, die Vorschriften zur Luftreinhaltung jederzeit einzuhalten, immer sämtliche Abluft aus der Produktion der Nachbehandlung zugeführt. Damit waren wir auf der sicheren Seite“, erklärt Michael Hartl. Damit einher geht jedoch ein unnötig hoher Betriebsmitteleinsatz. Denn bei einer hohen Konzentration an Lösemitteln im Abgas könnte die RNV eigentlich ohne zusätzlichen Brennstoff auskommen. Dies wird autothermer Betrieb genannt. Dabei enthält das Abgas ausreichend brennbare Lösemitteldämpfe, sodass die Oxidation der Schadstoffe ohne die Zugabe von Primärenergie (zum Beispiel Erdgas) erfolgen kann. Hier beheizt sich die Anlage durch die bei der Oxidation der Schadstoffe freiwerdende Energie selbst. Bei maximaler Absaugleistung erreicht man diesen Zustand nicht. „Kennt man die Konzentration der flüchtigen Kohlenwasserstoffe in der Abluft, dann kann man die Abluftanlage steuern und die Nachverbrennungsanlage arbeitet nahe am Optimum, dem autothermen Betrieb. Wird die Abluft in gezielt in jenen Zonen entnommen, in denen gerade produziert wird, so steigt die Konzentration der Kohlenwasserstoffe und der notwendige Erdgasbedarf sinkt“, so Hartl.

Der Gesamtkohlenwasserstoffanalysator Fidor  misst die im Abgas gebundenen Kohlenwasserstoffe kontinuierlich.
Der Gesamtkohlenwasserstoffanalysator Fidor misst die im Abgas gebundenen Kohlenwasserstoffe kontinuierlich.
Der Gesamtkohlenwasserstoffanalysator Fidor  misst die im Abgas gebundenen Kohlenwasserstoffe kontinuierlich.
Der Gesamtkohlenwasserstoffanalysator Fidor misst die im Abgas gebundenen Kohlenwasserstoffe kontinuierlich.
Gasanalysatoren
Spezialist für kontinuierliche Gesamtkohlenwasserstoff-Messungen
GMS800 FIDOR

Komplexes Messverfahren

Der Blick auf die Umwelt und die rasant gestiegenen Energiekosten rückten die Messung der flüchtigen Kohlenwasserstoffe (VOCs) immer mehr in den Fokus der Betreiber. Dafür ist jedoch ein komplexes Messverfahren erforderlich. Dafür benötigt man die richtige messtechnische Lösung und viel Know-how bei der Umsetzung – gefunden hat Hermes Schleifmittel das bei den Experten von SICK. „Das war eine echte Partnerschaft auf Augenhöhe“, unterstreicht Michael Hartl. „Für uns war diese Messung Neuland. Dabei kommt es sehr auf die individuellen Produktionsprozesse an – da passt nicht einfach alles ‚von der Stange‘.“

 

Umschaltung zwischen verschiedenen Abgassträngen

„Wir wollten eine Komplettlösung aus der Hand eines Partners. Also galt es unser Know-how über die Produktion von Schleifmitteln und den dabei erforderlichen Lösemitteleinsatz mit der Expertise eines Fachunternehmens im Bereich der Prozessanalytik zu bündeln. Die Spezialisten von SICK haben uns dabei geholfen, eine möglichst effiziente Analysenlösung zu entwickeln und uns darauf aufmerksam gemacht, dass wir an Stelle von drei einzelnen Messsystemen eigentlich nur eine Umschaltung zwischen den drei Entnahmestellen benötigen“, erklärt der Leiter der Elektrotechnik bei Hermes Schleifmittel. Die Trocknung passiert selten in allen Zonen der Produktion gleichzeitig. Daraus ergab sich die Idee einer automatischen Umschaltung der Messgasentnahme zwischen den drei möglichen Abluftsträngen.

Drei beheizte Messgasleitungen führen die Abgasproben von den Entnahmestellen in den Analyseschrank.
Drei beheizte Messgasleitungen führen die Abgasproben von den Entnahmestellen in den Analyseschrank.
Drei beheizte Messgasleitungen führen die Abgasproben von den Entnahmestellen in den Analyseschrank.
Drei beheizte Messgasleitungen führen die Abgasproben von den Entnahmestellen in den Analyseschrank.

Beheizte Messleitungen verhindern Kondensat

 Hermes konnte mit der Messanlage, die seit drei Jahren problemlos läuft, den Energieverbrauch reduzieren.

Ein weiterer wichtiger Baustein der Lösung: Die flüchtigen Kohlenwasserstoffe werden durch beheizte Messleitungen geführt, um zu verhindern, dass durch Abkühlung ein Kondensat entsteht, das sich in den Leitungen absetzen und diese verstopfen kann. Michael Hartl: „Durch die von der Gasprobenentnahme bis zur Gasanalyse beheizten Messgasleitungen werden Kondensationseffekte verhindert und eine zuverlässige und langzeitstabile Analyse ermöglicht. Die Beratung durch SICK hat sich jedenfalls gelohnt: Die gesamte Messanlage läuft seit nunmehr drei Jahren völlig problemlos und die Reduktion beim Energieverbrauch kann sich sehen lassen.“

 

 

 

 

Einsparungen, die sich rechnen

Michael Hartl freut sich über den Erfolg mit der VOC-Messung: „Fakt ist, dass wir deutlich Erdgas einsparen konnten. Bei der Fertigung mancher Produkte wurde die Erdgaszugabe von 50 m3/h auf 30, 20 oder sogar 10 m3/h reduziert. Das ist beachtlich und übertrifft sogar unsere Erwartungen!“

 

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