Moderne kollaborative Roboter ermöglichen die effiziente Automatisierung von Produktionsprozessen, die so bis vor Kurzem noch undenkbar war. Dank der engen Zusammenarbeit zwischen Roboter und Mensch werden auch flexible und komplexe Teilschritte mit hoher Produktivität umgesetzt. Dafür sind jedoch dynamische Sicherheitslösungen und Konzepte nötig, um die Herausforderungen der Absicherung der Interaktion zwischen Menschen und Robotik zu überwinden. Insbesondere bei der direkten Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK), wenn also beide zur gleichen Zeit im gleichen Arbeitsraum aktiv sind, hat Sicherheit oberste Priorität. Dafür bietet das umfassende Sensor-Portfolio von SICK innovative und intelligente Lösungen mit Sensortechnologien für Robot Vision, Safe Robotics, End-of-Arm Tooling und Position Feedback. Wir haben die fünf größten Challenges der MRK identifiziert und stellen eine zukunftsweisende, neue Safety-Lösung vor.
Mensch-Roboter-Kollaboration: die fünf größten Herausforderungen
Viele Industriebranchen sehen sich zunehmend vor ein Dilemma gestellt: Einerseits herrscht Fachkräftemangel, andererseits müssen Produktionskapazitäten ausgeweitet und Fertigungsqualität sichergestellt werden. Eine Vollautomatisierung mit kompletter Prozessumstellung ist jedoch nicht immer sinnvoll und wirtschaftlich. In vielen Fällen bietet sich eine schrittweise Automatisierung von Teilprozessen zur Problemlösung an. Dabei werden Handarbeitsplätze mit kollaborativen Robotern partiell automatisiert oder in Hybrid-Arbeitsplätze umgewandelt. Aufgrund der vielen Vorteile der Teilautomatisierung nimmt die Entwicklung der Mensch-Roboter-Kollaboration weiter Fahrt auf. Doch wenn Mensch und Roboter immer enger zusammenarbeiten, verändern sich auch die Anforderungen an die Sicherheit.
Stand der Technik in der Mensch-Roboter-Kollaboration
Cobots haben den Robotermarkt revolutioniert: Die Einfachheit der Integration und Programmierung ermöglicht mittlerweile in der Regel eine problemlose Umsetzung von Robotikanwendungen. Gleichzeitig sind Cobots sicher: Durch bereits integrierte Sicherheitsfunktionen, wie sicherer Kraft- und Geschwindigkeitsüberwachung, und einem kollaborativen Design des Roboterarms ohne scharfe Ecken und Kanten eignen sie sich ideal für die enge Zusammenarbeit mit dem Menschen. Was allerdings Probleme bereitet, ist der Werkzeug-, bzw. Werkstückbereich, der durch die inhärenten Cobot-Schutzmaßnahmen in vielen Fällen nicht automatisch mit abgesichert ist. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat die echte, sichere, effiziente und produktive Mensch-Roboter-Kollaboration bis heute nicht den erwarteten Durchbruch erreicht. Denn um MRK-Anwendungen sicher betreiben zu können, dürfen bestimmte Druck-Grenzwerte an potenziellen Quetschstellen nicht überschritten werden. Sind die Kontaktflächen klein, z.B. an Werkzeug- oder Werkstückkanten, können diese Grenzwerte – wenn überhaupt – nur durch eine drastische Einschränkung der Robotergeschwindigkeit eingehalten werden. Zusätzlich können teure kollaborative Werkzeuge notwendig sein. MRK-Anwendungen sind damit sehr häufig weder ausreichend effizient und sicher umzusetzen noch produktiv zu betreiben. Viele Betreiber scheuen diese Einschränkungen, verzichten auf den MRK-Anspruch und sichern die Anwendung ganz klassisch z.B. mittels Einzäunungen oder Sicherheits-Laserscanner ab. Außerdem stellt sich die Frage nach der Akzeptanz beim Bedienpersonal, also denjenigen, die tagtäglich mit dem Roboter in enger Kollaboration sind. Alle heute verfügbaren Absicherungsmaßnahmen greifen erst, wenn es bereits zu einer Berührung oder Quetschung gekommen ist. Es liegt auf der Hand, dass sich Menschen dabei unbehaglich fühlen und der Sicherheitsapplikation kein volles Vertrauen entgegenbringen.
Fünf Herausforderungen der Mensch-Roboter-Kollaboration
1. Eine Roboterapplikation soll einfach, schnell und kostengünstig aufzubauen sein.
3. Wie erreicht die MRK-Applikation einerseits die erforderliche Produktivität und Effizienz und andererseits die notwendige Risikominderung?
Um eine produktive Absicherung der kollaborativen Anwendung zu gewährleisten, sind Sicherheitsmaßnahmen für den Personenschutz notwendig, die den Gefahrenbereich des Werkzeugs im Fokus haben und minimierte Schutzfelder erlauben:
a. Risikobeurteilung und Safety-Engineering
Produktivität beginnt bereits beim Engineering: Um das Safety-Konzept effizient zu erarbeiten und umzusetzen, müssen die Risiken, die mit der Interaktion zwischen Menschen und Robotern verbunden sind, applikationsbezogen identifiziert, bewertet und passgenau reduziert werden.
b. Sicherheit vs. Verfügbarkeit
Unterbrechungsfreies, produktives Arbeiten des Roboters, um bei einem kollaborativen Applikationsansatz einerseits die Sicherheit zu gewährleisten und andererseits ein Level an Produktivität zu erreichen, dass einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglicht.
c. Kosten der Sicherheitslösung
Die Kosten der Sicherheitslösung müssen in einem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten der Gesamtapplikation stehen.
4. Wie schafft die MRK die gewünschte Ergonomie am Arbeitsplatz und die Akzeptanz der kollaborierenden Menschen?
Heutige Schutzmaßnahmen für kollaborative Anwendungen basieren auf kontaktbasierten Technologien. Dabei kann eine Hand oder ein anderes Körperteil des Menschen berührt oder gequetscht werden, wobei die auftretenden Kräfte überwacht werden und bei Überschreitung der Grenzwerte ein Stopp ausgelöst wird. Dies kann zu möglichen Akzeptanzproblemen des Bedienpersonals führen. Die Schutzmaßnahmen sollten daher kontaktlos realisiert werden.
5. Wann ist die MRK wirtschaftlich?
Um die Roboteranwendung wirtschaftlich betreiben zu können, muss sie im operativen Betrieb effizient und produktiv sein – im Einklang mit den erforderlichen risikomindernden Maßnahmen. Die Wirtschaftlichkeit beginnt schon vor dem Betrieb: Mit der Auswahl geeigneter und effizienter Schutzmaßnahmen, die einerseits die Personensicherheit gewährleisten, andererseits hinsichtlich ihrer Beschaffungskosten sowie Validierungs- und Inbetriebnahmeaufwände zum Projektbudget passen.
Reibungslose MRK-Prozesse mit End-of-Arm-Safeguard (EOAS)
SICK hat sich intensiv mit diesen Herausforderungen auseinandergesetzt und bietet mit dem End-of-Arm-Safeguard (EOAS) eine optimale Lösung. Die gemeinsam mit Universal Robots (UR) entwickelte Weltneuheit EOAS hält die Balance zwischen Produktivität und Sicherheit für kollaborative Anwendungen. EOAS wird direkt am Roboterflansch installiert, erzeugt ein kegelförmiges Schutzfeld um Werkzeug und Werkstück und sichert diesen Bereich damit effektiv ab. Der Roboter führt den Sensor samt Schutzfeld permanent mit sich, dadurch wirkt die berührungslose Schutzeinrichtung immer nur dort, wo es tatsächlich Quetschgefahren durch Werkzeug und Werkstück gibt.
Bei einer Schutzfeldverletzung des EOAS stoppt der Roboter je nach Situation direkt die Bewegung. Sobald das Schutzfeld wieder frei ist, kann der Roboter seine Bewegung automatisch fortsetzen. Gegenüber Mensch-Roboter-Kollaborationsapplikationen, die rein auf der Kraft- und Druckbegrenzungsfunktion des Roboters beruhend abgesichert sind, erreicht der Roboter mit EOAS i.d.R. höhere Geschwindigkeiten, da mit EOAS diese Funktionen im Werkzeugbereich anders gestalten werden können.
Kontaktlose Schutzmaßnahme – effizient und wirtschaftlich
End-of-Arm-Safeguard ermöglicht die kontaktlose Absicherung von Mensch-Roboter-Kollaborationsapplikationen im Werkzeugbereich. Durch das kleine Schutzfeld sind neue, zaunfreie und damit offen zugängliche MRK-Anwendungen möglich: Menschen können gleichzeitig mit dem Cobot im selben Arbeitsraum arbeiten. Die Sicherheit ist gewährleistet, der Roboter wird gestoppt, noch bevor es zu Quetschsituationen im Werkzeug- / Werkstückbereich kommt. Spezielle kollaborative Greifer, Designänderungen im Werkzeugumfeld (Ecken / Kanten abrunden, Schutzabdeckungen vorsehen, etc.) oder extreme Schleichfahrt des Cobots sind meist nicht mehr notwendig. Auch die für MRK-Anwendungen zwingend erforderliche Validierung der Schutzmaßnahmen wird erheblich vereinfacht, da die Gefahrenstellen, die mit EOAS abgesichert sind, nun nicht mehr per Kraft- und Druckmessung aufwendig validiert werden müssen. Damit können signifikant Kosten eingespart werden. Das vergleichsweise kleine Schutzfeld hat überdies den Vorteil, keine produktiven Flächen zu belegen und unterstützt so die wirtschaftliche Ausnutzung der Werkhalle.
EOAS schafft Akzeptanz und Vertrauen
EOAS legt ein lokales Schutzfeld um das Werkstück und den Greifer. Dadurch kommt es im Gegensatz zu bisherigen, rein auf Kraft- und Leistungsbegrenzung basierenden Schutzmaßnahmen nicht mehr zu Quetschungen. Der Mensch kann sich daher frei und ungezwungen in unmittelbarer Nähe zum aktiven Roboter bewegen und eng mit ihm zusammenarbeiten. Der EOAS steigert so die Akzeptanz der Mensch-Roboter-Kollaboration, schafft Vertrauen und verbessert die Arbeitsbedingungen.
Intuitive Konfiguration und Installation sowie schnelles Engineering
Mit EOAS steht eine neue Safety-Lösung zur Verfügung, die eine zielgerichtete Risikoreduzierung in MRK-Anwendungen ermöglicht – ohne über das Ziel hinauszuschießen. End-of-Arm-Safeguard wird direkt am Roboterflansch installiert, ist über das spezielle EOAS-Safety-URCap vollständig in das Roboter-Sicherheitssystem von Universal Robots eingebettet und kann über das UR-Teach-Pendant intuitiv und schnell konfiguriert werden. Ein echtes Plug-and-Play-System. Das EOAS-System ist zurzeit für Roboter von Universal-Robots ausgelegt und soll in Zukunft auch für andere Systeme zur Verfügung stehen. EOAS hat das Potential zum echten Gamechanger im Cobot-Umfeld. Mit seinen vielen Vorteilen ermöglicht er der Branche endlich die Realisierung sicherer MRK-Applikationen nicht nur in Nischenanwendungen, sondern in der kompletten Bandbreite.
Weitere Beiträge
![Lesen Sie mehr Lesen Sie mehr](https://cdn.sick.com/media/content/hb9/hca/12845550108702.jpg)
![](https://cdn.sick.com/media/content/hf6/ha0/14113600241694.jpg)