Mammutaufgabe CE-Kennzeichnung erfolgreich bewältigt

08.05.2023

Nur wenn eine Maschine das CE-Kennzeichen trägt und eine Konformitätserklärung vorliegt, darf der Hersteller sie im europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr bringen. Die dafür notwendige CE-Kennzeichnung stellt einen aufwendigen Prozess dar, der fundiertes Know-how erfordert. Große, am Markt etablierte Maschinenbauunternehmen unterhalten dafür eigene Abteilungen. Doch wie können Junior OEMs und Start-ups diese Mammutaufgabe bewältigen? Das Software-Unternehmen IdentPro hat sich Unterstützung von SICK geholt.

„Geholfen hat alles. Wir hatten nur wenige fundierte Kenntnisse zum Thema CE und brauchten daher jemanden, der uns an die Hand nimmt. SICK hat quasi als Guide und Navigator für uns fungiert und den Weg vorgegeben. Gemeinsam haben wir dann sukzessive diesen Weg erfolgreich bis zum Ziel verfolgt“, – so antwortet Michael Wack auf die Frage, wovon sein Unternehmen in der CE-Zertifizierungs-Begleitung durch SICK am meisten profitiert hat. Wack ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Software-Entwicklungsschmiede IdentPro, der mit unbemannten Staplern, also autonomen Fahrzeugen, die Intralogistik voranbringen will. IdentPro setzt dazu digitale Zwillingstechnologie ein, um Lager zu digitalisieren und die Arbeitsabläufe entscheidend zu optimieren. Dabei erhält jedes physische Gut im System einen digitalen Zwilling, mit dem die Lagerrealität synchronisiert wird. Zusätzlich ermittelt die Software den neuen Status und Standort der Waren in Echtzeit und sendet diese Informationen an optionale ERP- oder WMS‑Software wie z. B. SAP WM/EWM. Damit erreicht IdentPro eine vollständige Bestandssicherheit durch Datenkonsistenz und gewährleistet zusätzlich einen fehlerfreien und effizienten automatisierten Betrieb. Außerdem gewinnt die Arbeitssicherheit im Lager enorm.

Mehr Ressourcen für Kernkompetenzen

IdentPro entwickelt selbstfahrende Stapler, die sich wie Stapler mit Fahrer verhalten.

IdentPro entwickelte dafür eigene selbstfahrende Stapler, die sich als frei fahrende, nicht spurgeführte Systeme im Prinzip wie Stapler mit Fahrer verhalten (AMR). Mit der Vergabe von Transportaufträge findet das Fahrzeug einen Weg vom aktuellen Standort zum gewünschten Ziel – und transportiert dabei in der Regel Großladungsträger, wie Paletten, Gitterboxen oder Ähnliches. Erkennt der AMR während der Fahrt Hindernisse, wie ein stehendes Fahrzeug oder eine Palette, werden diese erkannt und wenn möglich umfahren. Das Fahrzeug berechnet daher den Navigationspfad situativ und passt diesen bei Bedarf in Echtzeit an.

Michael Wack ordnet diese Entwicklung ein: „Das alles ist in der Intralogistik noch relativ neu. Entsprechend stellte sich die Frage – welche Sicherheitstechnik braucht man dafür und wie macht man für solche Fahrzeuge eine belastbare CE-Kennzeichnung? Als Software-unternehmen ist das natürlich nicht unser Schwerpunkt und wir können Mitarbeiter nicht für Monate oder gar Jahre auf Schulungen schicken.“ IdentPro entschied, sich auf seine Kernkompetenz zu konzentrieren und bat deshalb SICK als erfahrenen Partner die Vorbereitung, Durchführung und die CE-Zeichenvergabe zu begleiten.

Zu Beginn der Zusammenarbeit diskutierte IdentPro mit den Zertifizierungs- und Sicherheitsexperten von SICK die grundsätzliche Aufgabenstellung. Daniel Salas, Key Account Manager Mobile Platforms bei SICK, erklärt die Ausgangssituation: „IdentPro kauft für die jeweilige Anforderung das beste am Markt verfügbare Basisgerät ein und rüstet es mit Software und mit notwendiger Sicherheitstechnik nach. Zum Softwarepaket gehört die IdentPro eigene Lokalisierung des Fahrzeugs auch in hochdynamischen Umgebungen und die autonome Navigation inklusive der Erkennung und Umfahrung von Hindernissen. Dazu kommen eine Ladungserkennung und die Bildung des digitalen Zwillings, plus die Sensoren, um die Höhe des Ladungsträgers zu erfassen. Das sind erhebliche Eingriffe am Fahrzeug, womit die ursprüngliche CE-Kennzeichnung des Fahrzeugs erlischt und eine Neuzertifizierung erforderlich wird.“

Obligatorischer erster Schritt – die Risikobeurteilung

Das Expertenteam von IdentPro und SICK startete mit der Risikobeurteilung unter Anwendung der EN ISO 12100. Die Fragestellungen dieser Analyse lauteten unter anderem: Wo lauern überall Gefahren für den Betreiber bzw. für den Mitarbeiter im Betrieb? Was kann alles schiefgehen? Und wie kann man auf diese Gefahren reagieren? Die Risikoanalyse ergab, dass für das freie Fahren eine besondere Sicherheitstechnik notwendig ist, die über die Anforderungen an ein übliches FTS hinausgehen. Dazu gehört beispielsweise die Rundumsicherung des Fahrzeugs, aber auch die Lastsicherung und Lasterkennung über Sensoren. Auf Basis dieser umfassenden Risikoanalyse erstellten die Experten das Sicherheitskonzept.

Zertifizierungsbegleitung als unabhängige Dienstleistung

Im nächsten Schritt entstand ein Verifikations- und Validierungsplan – welche Technik braucht man, wie setzt man sie ein und wie verifiziert man sie? Dabei ergab sich die Notwendigkeit für eine sichere Steuerungskomponente, die mit der Sicherheitssteuerung Flexi Soft von SICK realisiert wurde. Daniel Salas macht aber klar: „Die Begleitung ist grundsätzlich nicht auf Produkte von SICK bezogen, sondern eine Dienstleistung auf Basis der aktuell gültigen Normenlage. Wir verstehen uns als Consulting-Partner, der unabhängig von der eingesetzten Sicherheitstechnik die Zertifizierung begleitet.“

Sicherheitsexperten haften persönlich

Die Verifikationsprozesse des Staplers wurden durch Sicherheitsexperten von SICK durchgeführt
Die anschließenden Verifikationsprozesse führten Sicherheitsexperten von SICK durch, die sich mit regelmäßigen notwendigen Schulungen immer auf dem aktuellen Stand der Normen und Anforderungen des CE-Zertifizierungsprozesses halten. Daniel Salas betont: „Mit ihrer Unterschrift unter die Prüfprotokolle haften die Kollegen als vom TÜV zertifizierte Maschinensicherheitsexperten persönlich. So kann der Kunde auf die Zuverlässigkeit und hohe Validität der Begleitung im Zertifizierungsprozess absolut vertrauen.“
Aufbauend auf der Risikobeurteilung und dem Sicherheitskonzept erfolgte die sicherheits-gerichtete Konstruktion, die sowohl Hardware als auch Software inkludiert. SICK unterstützte IdentPro überdies bei der Konfiguration und Programmierung der sicherheitsrelevanten Sensorik und Logik für das frei fahrende autonome Fahrzeug. Anschließend wurden die korrekten Sicherheitsfunktionen durch abschließende Verifikation und Validierung geprüft und bestätigt. Komplettiert wurde der Zertifizierungsprozess schließlich mit der Prüfung der umfangreichen Dokumentation. Besonderes Augenmerk legen die Sicherheitsexperten dabei stets auf Vollständigkeit unter zwingender Berücksichtigung der Maschinenrichtline.

Die Geduldsprobe hat sich gelohnt

Der IdentPro-Chef Michael Wack vor dem neu entwickelten Stapler.
Der gesamte, iterative Prozess der CE-Kennzeichnung der AMR bei IdentPro erstreckte sich über den Zeitraum eines Jahres. Für den Chef Michael Wack durchaus eine gewisse Geduldsprobe. Doch er weiß: „Diese Mammutaufgabe hätten wir alleine nicht in dieser Zeit geschafft. SICK gab uns genau den Support, den wir brauchten. Am Ende konnte ich die CE-Konformitätserklärung mit gutem Gewissen unterschreiben. Und unsere Anwender bestätigen uns, dass die Konzepte, die wir gemeinsam erarbeitet haben, hervorragend funktionieren.“

 

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