Jeden Handgriff im Blick: Die kameraüberwachte Montagevorrichtung der RIBE Anlagentechnik

09.02.2022

Qualitätssicherung über programmierte Bildführung: Das Schwabacher Unternehmen RIBE Anlagentechnik entwickelt innovative Montageanlagen für Stoßfänger inklusive Prüfvorrichtung. Dabei hilft industrielle Bildverarbeitung von SICK, die jeweiligen Bauteile zu identifizieren und jeden Arbeitsvorgang zu überwachen. Das besondere Konzept der Anlage könnte auch für andere Hersteller und Zulieferer wegweisend sein.

Qualitätssicherung über programmierte Bildführung beim Schwabacher Unternehmen RIBE
Qualitätssicherung über programmierte Bildführung beim Schwabacher Unternehmen RIBE

Je tiefer die Individualisierungen in den Produktionsbereichen, desto bedeutender werden Sonderanlagen mit Innovationspotenzial. Gerade um einen Mehrwert an den Endkunden zu bringen, ist die RIBE Anlagentechnik spezialisiert. Das Unternehmen bewies seine Stärken besonders in den Technologien der Montage- und Prüfanlagen für die Bereiche Fahrzeug-Exterieur/-Interieur und den entsprechenden Komponenten. Geschäftsführer Dietmar Heckel sieht die Cobot- und Robotertechnik mit innovativen Industrie-4.0-Lösungen und Digitalisierungskonzepten nicht nur als eine tragende Säule in der RIBE Anlagentechnik, sondern auch als branchenübergreifendes Wachstumsfeld.

Die Baugruppenkonstruktion und deren Modulbauweise wurde in den letzten Jahren vollstufig standardisiert. Laut Tobias Magg, Projektleiter bei RIBE, wurde die Prüfung einzelner Bauteile in Montagevorrichtungen immer wichtiger. So gibt es jetzt für den Fahrzeug- und Maschinenbau eine Endmontagevorrichtung für Stoßfänger, die Step by Step kontrolliert, ob das individuell richtige Werkteil ausgewählt und montiert wird. Das Ergebnis sieht der Werktätige direkt und übersichtlich auf einem Bildschirm vor sich.

 

Mehr Individualität braucht mehr Qualitätskontrolle

Denn ob Rückfahrkamera oder Scheibenwaschanlage, fast immer gibt es für ein Automodell mehrere mögliche Optionen – und das bedeutet zahlreiche Stoßfänger-Varianten mit unterschiedlichen Kombinationen. „Das Fehlerpotenzial in der Montage steigt dadurch stetig“, stellt Tobias Magg fest. Jede nachträgliche Korrektur wäre ebenso kostspielig wie unangenehm für das Qualitätsimage des Herstellers.

Im Vorfeld der Zusammenarbeit mit RIBE holte sich Walter Spiegel, Vertriebsingenieur bei SICK, einen Applikationsingenieur ins Boot. Es ging darum, die Aufgabenstellung im wahrsten Sinne des Wortes zu beleuchten. „Das Entscheidende war: Wir mussten mehr Licht reinbringen“, sagt er im Hinblick auf die Montagevorrichtung. Viele Kameras, die zunächst in Frage kamen, zeigten in diesem anspruchsvollen und kleinteiligen Umfeld undeutliche Kontraste – dunkle Teile auf schwarzem Stoßfängerhintergrund. Die enorme Licht- und damit Sehstärke der 2D-Vision-Kamera InspectorP642 war deshalb für RIBE letztlich einer der ausschlaggebenden Gründe.

Industrielle Bildverarbeitung
Schnell und flexibel – für Inspektionsaufgaben mit hoher Geschwindigkeit
InspectorP64x
Die 2D-Vision-Kamera InspectorP642 mit enormer Licht- und damit Sehstärke
Die 2D-Vision-Kamera InspectorP642 mit enormer Licht- und damit Sehstärke

 

Der große Kameraabstand deckt ein weites Feld ab

Die Kamera befindet sich ausreichende 110 cm über dem Stoßfänger auf der Werkbank und damit außerhalb eines störenden Bereichs. Die arbeitende Person kann jetzt in die Innenseite des Stoßfängers Adapter, Schläuche, Kameras und weitere Elektronik einbringen, ohne Stöße gegen die Kamera zu riskieren. Mit nur drei Kameras ergibt sich ein sehr großes Sichtfeld auf den kompletten Stoßfänger. Auch deshalb spielte das Thema Beleuchtung eine entscheidende Rolle.

Tobias Magg verweist auf die Erleichterungen für seine Kunden: „Bisherige Standardsensorik benötigte eine Vielzahl an Lichtleitern bzw. Einzelsensorik.“ Oder mehr Kameras mit Gegenlicht und Zusatzbeleuchtungen. Mit der neuen Lösung kann auch auf folgende Anforderungen flexibel reagiert werden.

Von links: Tobias Magg, Projektleitung Mechanische Konstruktion bei der RIBE Anlagentechnik GmbH; Walter Spiegel, Regional Account Manager bei der SICK Vertriebs-GmbH
Von links: Tobias Magg, Projektleitung Mechanische Konstruktion bei der RIBE Anlagentechnik GmbH; Walter Spiegel, Regional Account Manager bei der SICK Vertriebs-GmbH
Von links: Tobias Magg, Projektleitung Mechanische Konstruktion bei der RIBE Anlagentechnik GmbH; Walter Spiegel, Regional Account Manager bei der SICK Vertriebs-GmbH
Von links: Tobias Magg, Projektleitung Mechanische Konstruktion bei der RIBE Anlagentechnik GmbH; Walter Spiegel, Regional Account Manager bei der SICK Vertriebs-GmbH

 

Bildgeführte Mitarbeiterführung

Auch Stefan Hochhäuser war als SICK Product Manager in das Projekt involviert. „Sobald der Werker sich von der Werkbank wegbewegt, um das nächste Bauteil zu holen, löst er eine Prüfung seiner Arbeit aus und leitet dadurch den nächsten Arbeitsschritt ein.“ Die Bewegungen erfasst der kleine 2D-LiDAR-Sensor TiM100 mit einem Sichtfeld von 200°. Der kompakte Sensor überwacht den Bereich vor der Vorrichtung und war für RIBE eine einfache und kosteneffiziente Lösung, unter anderem, weil er sich problemlos in die Anlage integrieren ließ und stabile Messwerte der Bewegungen des Werkers liefert.

Mithilfe der Triggerung durch den 2D-LiDAR Sensor TiM100 und den InspectorP642 ist sofort zu erkennen, ob zuletzt das richtige Teil korrekt eingebaut wurde.
Mithilfe der Triggerung durch den 2D-LiDAR Sensor TiM100 und den InspectorP642 ist sofort zu erkennen, ob zuletzt das richtige Teil korrekt eingebaut wurde.

Mithilfe der Triggerung durch den 2D-LiDAR Sensor TiM100 und den InspectorP642 ist sofort zu erkennen, ob zuletzt das richtige Teil korrekt eingebaut wurde. Bei einem Fehler – rot auf dem Bildschirm signalisiert – kann der nächste Arbeitsschritt nicht ausgelöst werden. „Ist das Prüfergebnis positiv, bekommt die werkende Person automatisch den nächsten Schritt angezeigt“, so Hochhäuser. Der Produktname „Inspector“ entstand also nicht zufällig.

Außerdem bedeutet jedes Teil etwa eine Minute Einbauzeit für den Werker, der schnell und ergonomisch vorankommen will. Dutzende Tastenbetätigungen für Kamerastarts und Stops braucht es dank der berührungslosen Jobauslösungen nicht mehr. Das bringt Sekundenvorteile, die sich im Laufe eines Arbeitstags zu wertvollen Zeit- und damit Kosteneinsparungen summieren.

Die Bewegungen erfasst der kleine 2D-LiDAR-Sensor TIM100 mit einem Sichtfeld von 200°.
Die Bewegungen erfasst der kleine 2D-LiDAR-Sensor TIM100 mit einem Sichtfeld von 200°.

 

Quality Inspection via App im Sensor

Eine weitere Voraussetzung für eine höhere Produktivität liegt im Sensor selbst, genauer gesagt in dessen Quality Inspection App. Sie ermöglicht es RIBE, verschiedene Inspektionsaufgaben bereits im Voraus anzulegen. So prüft der Sensor ständig, ob der jeweilige Job korrekt durchgeführt wurde. Das verschlankt die Programmierung der SPS, denn der Sensor signalisiert der Steuerung über ein TIA-Portal („Totally Integrated Automation“) das Ergebnis. Für die arbeitende Person zeigt sich das farblich unterlegt am Bildschirm. Bei positiver Prüfung wird um- bzw. weitergeschaltet. Die App erleichtert dem Kunden somit auch den Eintritt in die Bildverarbeitung. „Die Parametrierung im Sensor vereinfachte es für uns, die Prüfung im Vision Sensor anzulegen“, sagt Tobias Magg. Mit einer Kamera können theoretisch bis zu 16 Jobs (Prüfaufgaben) definiert werden.

Die SICK Software eignet sich ebenso für kleinere wie für die großen Vision-Kameras. „Will RIBE das Konzept irgendwann woanders einführen, müsste man sich softwareseitig nicht umstellen“, sagt Stefan Hochhäuser, „Man kann die Parameter herausziehen und reibungslos in ein anderes Gerät der Produktfamilie einspielen.“ Das Spannende an dieser Lösung ist die generelle Flexibilität hinsichtlich Weiterentwicklungen für andere Bauteile und Inspektionsaufgaben. „Jetzt haben wir eine Basis für weitere Anwendungen – über die Stoßfängermontage hinaus“, so Tobias Magg.

Auch künftig könne RIBE Anlagentechnik mit industrieller Bildverarbeitung von SICK Lösungen für effiziente Fertigungen und Quality Inspection realisieren – ein Blick über den Kontrollbildschirm hinaus.

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